Monatsinspiration Mai – ATHA YOGANUSASANAM oder …The Power of now

Eine junge Frau, die sich zur Kranken- und Gesundheitspflegerin ausbilden lässt, hat einen Einsatz auf einer chirurgischen Station. Hier liegen unter anderem Patient*innen vor und nach Krebs-Operationen. Sie macht ihr Morgenrunde und kommt in das Zimmer von Herrn B., der heute niedergeschlagen und traurig ist, was sie nicht so von ihm kennt. Herr B. ist 64 Jahre alt und steht kurz vor seiner Rente. Heute Morgen während der Visite hat er erfahren, dass die Ursache seiner Magenbeschwerden ein Tumor im Magen ist. Er spricht einen Satz aus, den die junge Krankenschwester nie vergessen wird: „Ich stehe doch kurz vor der Rente – mein ganzes Leben habe ich hart gearbeitet und jetzt- in Rente- sollte doch mein Leben so richtig beginnen!“.

Die junge Krankenschwester war ich. Dieses Ereignis hat mich geprägt und schon damals ist mir eines bewusst geworden: NIEMALS verschiebe dein Leben auf später, Katharina. Lebe JETZT!

Nach und nach habe ich mich mehr mit Yoga beschäftigt und als ich begann, die yogaphilosophischen Schriften zu lesen, durfte ich erkennen, dass genau das eines der Kernthemen im Yoga ist.

So grundlegend, dass das Yogasutra von Patanjali – eines der bekanntesten Werke im klassischen Yoga – mit dem „Jetzt“ beginnt:

Atha yoga – anusasanam (PYS I.1). 

Übersetzt bedeutet es:

  • atha: jetzt, nun
  • anusasana: häufig als „Erklärung”, „Auslegung” interpretiert, aber auch: das, was aus Erfahrung entsteht

→ Jetzt Yoga – eine Einführung in die Erfahrung.

Auf den ersten Blick wirkt dieses erste Sutra wie eine reine Einleitungsfloskel, etwa: „Jetzt folgt eine Erklärung von Yoga”.

Tatsächlich aber ist in diesem ersten Wort schon eine der basalsten Erkenntnisse des Yoga, ach, des Lebens, enthalten: Yoga ist Jetzt.

In dem Sinne, dass Yoga nur dann Yoga ist, wenn du es achtsam ausführst, also im aktuellen Moment wirklich anwesend bist. Aber auch in der Hinsicht, dass Yoga in jedem Moment für dich da ist, dass du Yoga jederzeit praktizieren kannst, egal, wo du bist, egal, was sonst los ist. Und – last but definitely not least – auch im Hinblick auf die tiefe Erkenntnis, dass alles, was wirklich zählt, im Jetzt passiert, dass es nichts gibt außer den gegenwärtigen Moment.

Deshalb verschiebe nichts auf später – verabschiede dich vom „Wenn-Dann“- Modus. Eine schöne Übung dazu gebe ich dir am Ende dieses Textes mit.

Noch interessanter ist der Begriff „anusasana”. Denn er beschäftigt sich mit einem Aspekt, der nicht nur für den Yogaweg essenziell ist: Yoga lässt sich nicht denkend verstehen, es kann auch nicht mit intellektuellen Argumenten widerlegt werden, sondern muss von jedem Einzelnen ERFAHREN werden. Und das geht nur über eine aktive Praxis. Sriram, einer der Autoren, die das Yogasutra übersetzt und kommentiert haben, schreibt hierzu sehr treffend: „Insofern kann die Gültigkeit dieser Aussagen genauso wenig intellektuell überprüft werden, wie die Frage, ob ein Apfel den Hunger stillt oder nicht.” 

Und auch das gilt für das ganze Leben: Du kannst zwar über das Leben nachdenken, aber du wirst die Essenz der menschlichen Existenz niemals intellektuell erfassen können. Das Leben wird nur der verstehen, der es lebt, der sich mutig und in tiefem Vertrauen in den Fluss des Lebens hineinstürzt.

Erfahre und erlebe Yoga mit all deinen Sinnen – berührend, hörend, riechend, atmend, sehend. Yoga darf GENUSS-voll sein. Denn wenn wir genießen, sind wir erstens im Moment und zweitens in der sinnlichen Erfahrung und nicht im Verstand. 

Das kann dir helfen, mehr und mehr die Schönheit des Lebens zu sehen, dankbarer zu werden und vor allem das, was wir haben, wertzuschätzen. 

Z.B. die Menschen um uns herum: deinen Partner, deine Partnerin, Kinder, Freund*innen, Kolleginnen und Kollegen, Mit-Yogis und -Yoginis, unsere Lehrer*innen usw.

Wir freuen uns darauf, dir Yoga in unseren Kursen mit allen Sinnen erfahrbar zu machen, damit du die die Zeit bei uns genießen kannst – ganz im Hier und Jetzt.

Love❤️

Katharina

Hier die „Raus-Aus-der-Wenn-Dann-Falle“-Übung:

Nimm dir einen Stift und ein Blatt Papier.

Schritt 1

  • Schreibe dir deine „Wenn-Dann-Sätze“ auf (durch alle Lebensbereiche)
  • Beispiel:
  • „Wenn ich mehr Yoga machen würde, dann würde ich mich entspannter und glücklicher fühlen.“
  • „Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen.“
  • „Wenn ich mehr schlafen würde, wäre ich freundlicher zu anderen und besser gelaunt.“

Schritt 2

  • Kreise alles nach dem DANN ein. 
  • Beispiel:
  • „Wenn ich mehr Yoga machen würde, dann würde ich mich entspannter und glücklicher fühlen.
  • „Wenn ich mehr Zeit hätte, dann würde ich mehr mit meinen Kindern spielen.“
  • „Wenn ich mehr schlafen würde, dann wäre ich freundlicher zu anderen und besser gelaunt.“
  • Das ist das, was du WIKLICH willst. Und es deckt auf, was du meinst von außen zu brauchen, um dich so zu fühlen oder diese Qualität zu leben.

Schritt 3

  • Drehe die Sätze um.
  •  Beispiel:
  • „Ich bin entspannt und glücklich UND ich praktiziere Yoga“
  • „Ich spiele mit meinen Kindern UND habe Zeit.“
  • „Ich bin freundlich zu anderen und gut gelaunt UND schlafe asureichend.“

Diese Schritte kannst du durch alle Lebensbereiche machen (Familie, Beruf, Gesundheit, Spiritualität, Finanzen/Materielles, Gedanken & Emotionen…)

Es holt dich raus aus dem „Hamsterrad des Mangels“. Also zu denken, ich müsste das und das tun und machen, um mich so und so zu fühlen.

So, wie du dich fühlst, hat nicht so viel mit dem Außen zu tun, wie wir meistens denken.

Es gibt z.B. Menschen, die nur wenig Zeit haben und mit ihren Kindern intensiv und erfüllend spielen. Oder es gibt auch Menschen, die entspannt und glücklich sind und kein Yoga praktizieren.

Ein spannendes Experiment – probiere es mal aus. Viel Freude damit!

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