Ahimsa
Viele von uns lernen Yoga in Form von Yogahaltungen (Asanas) kennen. Um endlich die leidlichen Rückenschmerzen loszuwerden, sich besser entspannen zu können oder einfach wieder dehnbarer und beweglicher zu werden. Und dann bleiben wir irgendwie dabei – weil wir uns nach der Stunde endlich mal wieder so richtig gut fühlen oder weil wir in den 60 oder 75 Minuten ein Stückchen näher zu uns selbst rübergerutscht sind und ahnen, dass da noch viel mehr drinsteckt.
Und vielleicht beginnen wir uns langsam zu fragen, was dahintersteckt und wieso Yoga mehr ist als nur eine rein körperliche Praxis. Dazu lass uns hinter die Kulissen schauen und sehen, welche Philosophie und Gedanken hinter dem Yogaweg stehen.
Wir beginnen mal mit dem Yoga Sutra von Patanjali, einem der bekanntesten Grundlagentexte aus dem klassischen Yoga. Bereits 400 vor Chr. verfasste der Weise Patanjali einen Leitfaden zur Selbstvervollkommnung und für ein Leben in Freiheit.
Das wirklich Interessante an diesem Text ist nicht nur seine unglaubliche Aktualität und Nachvollziehbarkeit, sondern auch, dass sie nicht nur auf die Yogapraxis anwendbar ist, sondern eben auch „off the mat“ – im echten Leben.
Die Yamas und Niyamas sind die ersten Stufen des „8-stufigen Pfades“. Die Yamas sind Verhaltensempfehlungen, speziell in unserem Umgang mit anderen Menschen und die Niyamas Regeln für das Verhalten uns selbst gegenüber. Denn auch wenn wir Yoga für bzw. mit uns selbst üben, leben wir nicht einsam in einer Bärenhöhle sondern sind immer noch auf ein soziales Miteinander angewiesen.
Das erste Yama ist „Ahimsa“. Am besten übersetzt man dieses Wort mit „Gewaltlosigkeit“ oder „nicht verletzen“. Himsa bedeutet „verletzen“, A-Himsa das Gegenteil. Diese Lehre ist eine zentrale Säule in der indischen Geschichte und das ethische Rückgrat in vielen östlichen Religionen und Philosophien. Sie entsteht aus einer selbstbewussten und starken Position.
Es beginnt bei der Gewaltlosigkeit unserem eigenen Körper gegenüber, z.B. in der Yogapraxis. Sich eben nicht in den gebundenden-super-seitlichen-Winkel zu knoten, weil wir unserem Körper wehtun. Und sich dafür auch nicht zu geißeln und niederzumachen, dass man eben noch Kilometer Arme davon entfernt ist, zu binden.
Es geht nämlich auch um die Gewaltlosigkeit in Gedanken und Worten. Seien wir nett zu uns selbst. Seien wir nett zu anderen Erdenbewohnern. Jeder ist ein eigenes Universum, kämpft seinen eigenen täglichen Kampf gegen Ängste, Vorurteile, Zweifel und Herzschmerz. Da müssen wir nicht auch noch einen draufpacken, in dem wir unsere eigene Unzufriedenheit an anderen auslassen. Wenn wir lernen würden, uns selbst besser zu reflektieren, mal wahrzunehmen, wie wir uns selbst in Gedanken immer schlechtmachen (Stichwort: Steig mal auf die Waage oder der morgendliche Blick in den Spiegel), wäre schon der erste Schritt in die richtige Richtung getan. Um irgendwas im Außen ändern zu können, muss man im Innen beginnen. Und indem wir unsere Schwächen, Ecken und Kanten in uns selbst zuerst erkennen, dafür Verständnis und Mitgefühl entwickeln können, werden wir auch empathischer anderen gegenüber. Diese Gewaltlosigkeit bedeutet das „nicht verletzen“ von allen Lebewesen und Dingen, inklusive uns selbst, weder durch Taten, Worte und sogar Gedanken.
Und genauso anders herum: Im Yoga wird das gesamte Universum als eine Einheit gesehen. Wer Gewalt auf ein anderes Lebewesen ausübt, richtet sie damit auch gegen sich selber. Die folgen unseres Tuns haben Auswirkungen auf unser eigenes Leben, nicht nur auf das der anderen. Dieses Prinzip funktioniert in beide Richtungen. Wenn wir gute Gedanken und Taten in unser Leben integrieren, werden wir sie energetisch auch wieder zurückbekommen.
Um das Prinzip von Ahimsa in unser eigenes Leben zu integrieren beginnen wir also am besten bei uns selber und unserem eigenen Verhalten. Wir können ja versuchen, ab jetzt alle negativen Worte und Gedanken aus unserem Kopf zu streichen und im Umgang mit anderen selbstbewusst voran zu gehen.
Das wäre doch schon mal was:-)
Namasté
Katharina